Zum 80. Todestag von Jochen Klepper

Eckhard Scheld erinnert zum 80. Todestag an den christlichen Liederdichter Jochen Klepper

Von Eckhard Scheld, Gießen-Allendorf 

In der Beskidenstr. 59 in Berlin-Nikolassee steht dieser Gedenkstein, der 1961 „in brüderlicher Verbundenheit“ von den Evangelischen Gemeinden des Kirchenkreises Zehlendorf an Jochen Klepper und seine Familie errichtet wurde.
Bild: E. Scheld

Am 22. 3. 1903 wurde Jochen Klepper als Sohn eines Pfarrers in Beuthen / Schlesien geboren.  1922 begann er zunächst mit einem Theologiestudium in Erlangen, ohne es aber abzuschließen. 1927 wurde er Redakteur beim Evangelischen Presseverband in Breslau. 1931 erhielt er eine Stelle beim Berliner Rundfunk; schon im Juni 1933 aber wurde er als »nicht genehm« wieder entlassen, da er 1931 die Jüdin Johanna Stein geheiratet hatte. Diese Verbindung war auch der Grund für die Aufhebung der nach 1933 für literarische Publikationen unerlässlichen Mitgliedschaft in der Reichsschrifttumskammer (1937) und sein Ausschluss aus der Armee im Jahre 1941 wegen »jüdischer Versippung.

Einen ersten literarischen Erfolg hatte Jochen Klepper 1933 mit dem Roman „Der Kahn der fröhlichen Leute“. Von 1933 an arbeitete er an dem Lebensbild „Der Vater“, des Preußenkönigs Friedrich Wilhelms I. Der Roman erschien im Februar 1937 unmittelbar vor Kleppers Ausschluss aus der Reichsschrifttumskammer.

Ein das Programm des historischen als des christlichen Romans fortsetzendes Buch über Luther und das erste deutsche Pfarrhaus in Wittenberg gelangte nicht über einen ersten Teil, „Die Flucht der Katharina von Bora“ (Hrsg. Karl Pagel, Stuttgart 1951), hinaus.  

Klepper ist allerdings der bedeutendste Kirchenlieddichter des 20. Jh. („Kyrie“ Berlin 1939). In reformatorischer Tradition gehen seine Lieder vom Bibelwort aus und legen es in einem Gotteslob aus, das auf die Zuversicht gegründet ist, dass alle menschlich-zeitlichen Anstrengung und Sorge in Gottes Ruhe und Ewigkeit aufgehoben sein werden. 

Sehr zu empfehlen sind auch die erst nach dem Krieg von seiner Schwester Hildegard publizierten Tagebücher Kleppers „Unter dem Schatten deiner Flügel“, die zeigen, in welchem Maße bei Klepper literarisches Programm und private Haltung übereinstimmen.

Die letzten Jahre seines Lebens lebte Jochen Klepper zurückgezogen in der Teutonenstraße 23 in Berlin-Nikolassee, da er während der nationalsozialistischen Zeit wegen seiner jüdischen Frau, seiner Stieftochter und seines starken Glaubens schweren Belastungen ausgesetzt war. Als nun feststand, dass seine Stieftochter in das KZ deportiert werden sollte, wählte die Familie am 11. Dezember 1942 den Freitod. In der letzten Tagebucheintragung von diesem Tag steht: „Nachmittags die Verhandlung auf dem Sicherheitsdienst. Wir sterben nun – auch das steht bei Gott- Wir gehen heute Nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des segnenden Christus’’, der um uns ringt. In dessen Anblick endet unser Leben.“ 

Vgl.: Klepper, Jochen, Unter dem Schatten deiner Flügel. Aus den Tagebüchern der Jahre 1932-1942. Gießen 1997, S. 655

Seine Grabstätte befindet sich auf dem Friedhof in Berlin-Nikolassee.  

Teutonenstraße 23 in Berlin- Nikolassee, das letzte Domizil der Fam. Klepper,
Bild: E. Scheld 

Es ist erfreulich, dass es zu 80. Todestag Kleppers zahlreiche Würdigungen gab. Die Evangelische Kirchengemeinde Berlin-Mariendorf eröffnete am 6.11.22 eine Klepper Dauerausstellung in den Räumen der Martin-Luther-Gedächtniskirche und die evangelische Kirchengemeinde Berlin-Nikolassee veranstaltete am 11.12.22 einen Gedenktag für Johanna & Jochen & Renate Klepper. Auf YouTube ist das eindringliche Onlinekonzert des Musikers Siegfried Fietz zu sehen, dass er zum 80. Todestag Kleppers ausstrahlte: https://www.youtube.com/watch?v=2g8JaCOT2yQ

Zudem gab es einige neue Veröffentlichungen von und zu Klepper: Der Luther-Verlag in Bielefeld hat seinen Gedichtband „Kyrie“ in einer Sonderedition neu herausgegeben. Im katholischen St. Benno-Verlag erschienen die Liedmeditationen Jürgen Werths zu Liedern Kleppers unter dem Titel „Er ist mir täglich nahe“. Im gleichen Verlag wurde auch Kleppers heiterer Roman „Der Kahn der fröhlichen Leute neu aufgelegt. Kleppers Roman „Der Vater“ über den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I gibt es nur noch als E-Book oder als Hörbuch. Leider sind seine Tagebücher nur noch antiquarisch erhältlich. 

In der dritten Auflage liegt nun auch die Klepper-Biografie von Markus Baum vor „Jochen Klepper. Die Biografie eines Zeitzeugen“, die 2021 im Neufeld-Verlag erschienen ist. Und schließlich sei noch der neue Film „Die Schattenstunde“ von Regisseur und Drehbuch-Autor Benjamin Martins, erwähnt, der den letzten Tag im Leben Kleppers und seiner Familie thematisiert. 

Der beste Zugang zum Werk von Klepper erscheint mir aber die Klepper-CD „Trost für jeden Tag“ (Abakus-Verlag) des christlichen Liedermachers Siegfried Fietz, dem durch einfühlsame Vertonungen ein neuer, hervorragender Zugang zum Liedschaffen des aus Schlesien stammenden Dichters gelang.

Eckhard Scheld, Dezember 2022 


Zum Autor:

Eckard Scheld war bis zu seiner Pensionierung 2014 als Studiendirektor am Dillenburger Gymnasium tätig. Die Arbeiten seiner Schüler wurden bei Geschichtswettbewerben mehrfach mit 1. Preisen ausgezeichnet. Für sein ungewöhnliches Engagement erhielt Eckhard Scheld u.a. den Preis der hessischen Landesbeauftragten für Flucht und Vertreibung, Margarete Ziegler-Raschdorf im Jahr 2011. 

https://www.familien-blickpunkt.de/magazin/hessischer-preis-flucht-vertreibung-eingliederung-verliehen.html

Literatur:
Klepper, Jochen, Kyrie: Geistliche Lieder, Luther-Verlag, Bielefeld 1992

Klepper, Hildegard (Hrsg.) (1956): Unter dem Schatten deiner Flügel – Aus den Tage-büchern der Jahre 1932 – 1942 von Jochen Klepper, Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt 1956

Baum, Markus, Jochen Klepper, Neufeld Verlag, Cuxhaven 2021

Werth, Jürgen, Er ist mir täglich nahe. Kraft schöpfen aus den Liedern von Jochen Klepper,

St. Benno Verlag 2022

„Die Schattenstunde“ ist ein Historienfilm aus dem Jahr 2021 von Benjamin Martins mit Christoph Kaiser, Beate Krist und Sarah Palarczyk, der auf den Tagebucheinträgen von Jochen Klepper basiert, DVD-Studio ‏375 Media

Trost für jeden Tag, Musik-CD: 45 Minuten, Text: Jochen Klepper, Musik & Gesang: Siegfried Fietz, Abakus-Verlag, auch als Playback CD und Lieder- & Textheft mit Gitarrengriffen

https://abakusmusik.de/trost-fuer-jeden-tag