Persönlicher Nachruf für Dr. Christean Wagner

Die Erinnerung an die Kulturstadt Königsberg war eine Konstante seines Schaffens. Persönlicher Nachruf für Dr. Christean Wagner    von Stud.Dir. a.D. Eckhard Scheld

Die Erinnerung an die Kulturstadt Königsberg war eine Konstante seines Schaffens

Persönlicher Nachruf für Dr. Christean Wagner    von Stud.Dir. a.D. Eckhard Scheld 

Der frühere hessische Kultus- und Justizminister und langjährige Fraktionsvorsitzende der CDU im Hessischen Landtag starb am 4. Juli 2025, wie die Hessische Staatskanzlei mitteilte. Erwähnt wurde auch, dass er im Ruhestand ehrenamtlich als Telefonseelsorger gearbeitet habe und ein Gegner der Gesamtschule gewesen sei.  

Als ich diese Nachricht am späten Abend in der Hessenschau hörte, war ich sehr betroffen und nachdenklich. Meine Schüler/innen Schüler des LK Politik & Wirtschaft aus dem Jahre 2005/2006 und ich haben dem promovierten Juristen Dr. Christean Wagner aus Goßfelden viel zu verdanken. 

Das letzte Mal traf ich den ehemaligen Minister Ende April 2024 im Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe. Auf dem Weg hoch zu den anderen Bahnsteigen, hielt er inne, um durchzuatmen, um dann seinen Weg zum Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin fortzusetzen. Das war für mich eine Gelegenheit, ihn anzusprechen. Ich erinnerte ihn daran, dass er 2006 ein Projekt meines Leistungskurses Politk & Wirtschaft der Wilhelm-von-Oranien-Schule in Dillenburg unterstützt habe. Dieser  Kurs wollte einen Film über den Weg der Diakonissen des Krankenhauses der Barmherzigkeit in Königsberg auf den Altenberg bei Wetzlar“ drehen und da Dr. Christean Wagner Vorsitzender des Freundeskreises der Königsberger Diakonie war und 1943 im damaligen Königsberg (heute Kaliningrad/Russland) geboren wurde, fragten wir ihn, ob er für ein Gespräch über seine Beziehung zu seiner Geburtsstadt Königsberg zur Verfügung stehe. Er stimmte gerne zu und das Interview fand am 8.4.2006  in seinem Büro in Marburg statt. 

In diesem Gespräch wies er daraufhin, dass die Königsberger Diakonissen in Hessen und besonders im Raum Wetzlar außergewöhnliche Arbeit im sozialen Bereich wie im kranken-pflegerischen Bereich geleistet hätten und betonte die die ganz hervorragende, enge Partnerschaft zwischen dem Gebietskrankenhaus heutiger Art in Kaliningrad und den Diakonissen vom Altenberg und dass man sich wechselseitig besuche. Er erwähnte in diesem Zusammenhang auch, dass sein Sohn Laurenz im Jahre 2000 im Dom zu Königsberg (heute Kaliningrad) getauft worden sei. 

Dieses Interview  war der Nucleus des deutsch-russischen Königsbergfilmes und ohne seine stetige und uneigennützige Hilfe und Unterstützung hätte diese Dokumentation, die die Jugendlichen nicht nur auf den Altenberg bei Wetzlar, sondern auch nach Berlin und ins Gebietskrankenhaus nach Kaliningrad führte, nicht gedreht und gezeigt werden können.

Mir scheint, dass die besondere Liebe und Beziehung zu seiner Heimatstadt Königsberg in den Nachrufen nicht hinreichend gewürdigt wird. Auf seinen Vorsitz in der Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ deren Ziele er mit Überzeugung, Ideen und Einsatz vertrat, wird in den Nachrufen nur verschämt hingewiesen, dass er auch Vorsitzender des Förderkeises der Königsberger Diakonie war, und Unterstützer der Zeitschrift „Königsberger Bürgerbrief“ die vierteljährlich erscheint, war, wird nirgends erwähnt. 

Ihn trieb die Sorge um die totale Vergesslichkeit und Unkenntnis der heutigen Deutschen im Umgang mit ihren nationalen Wurzeln. „Die Kant-Stadt Königsberg war für ihn ein Symbol deutscher Geistesgeschichte und europäischer Kulturgeschichte, das bewahrt und in das kollektive Bewusstsein Deutschlands zurückgeführt werden müsse.“ schrieb die Stiftung ZgV  deshalb zu Recht in Ihrem Nachruf auf der Internetseite der Stiftung. 

Dr. Christean Wagner war ein Brückenbauer, der die seit 1990 bestehenden Kontakte zwischen dem ehemaligen Krankenhaus der Barmherzigkeit und heutigen Gebietskranken-haus in Königsberg/Kaliningrad ermunterte, förderte und unterstützte. Dadurch findet im besten Sinne Völkerverständigung statt. Das soll und wird nicht vergessen werden. 

Was bleibt, ist die Hoffnung und Überzeugung, dass unter anderen politischen Rahmenbe-dingungen in Russland, diese Friedensarbeit weiter Früchte tragen wird. 

Gießen, den 12.7.25

Eckhard Scheld, StD. a.D. 

Christean Wagner in seinem Marburger Büro vom 8.4.2006